Forschungshighlights des Fraunhofer IKTS

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Die Forschungsgruppe Kohlenstoff-Kreislauf-Technologien KKT des Fraunhofer-Instituts für Keramische Technologien und Systeme IKTS in Freiberg optimiert chemische Recyclingverfahren und erprobt diese im großtechnischen Maßstab.

Kohlenstoffrecycling stellt neue Rohstoff- und Energieressourcen für die grüne Industrie bereit

Kohlenstoff ist ein zentraler Grundstoff unzähliger Produkte. Bislang nutzt die Industrie dafür weitestgehend fossile Rohstoffquellen wie Erdöl, Erdgas oder Kohle. Hierbei werden sowohl während der Produktion dieser Grundstoffe als auch am Produktlebensende bei der Verbrennung große Mengen an CO2 frei.

Durch exakt aufeinander abgestimmte Verfahrenskombinationen des chemischen Recyclings will das Fraunhofer IKTS zukünftig bis zu 100 % dieser Abfälle recyclen und für neue Produkte nutzbar machen. Somit wird Abfall zu einer wertvollen Rohstoffquelle beispielsweise für Grundstoffe in der chemischen Industrie.

Am IKTS-Standort in Freiberg werden dafür chemische Recyclingverfahren wie die Pyrolyse oder Gasifizierung optimiert und im großtechnischen Maßstab erprobt. Kunststoffe, die mechanisch nicht weiter recyclebar sind, Biomassen oder fossile Mischabfälle werden dabei in kleinere Moleküle zerlegt, so dass sie als Synthesegase, Monomere oder andere Zwischenprodukte in der chemischen Industrie wieder einsetzbar sind.

Hierfür betreibt das Fraunhofer IKTS eine Pyrolyseplattform sowie – in Kooperation mit der TU Bergakademie Freiberg – Anlagen zur Gasifizierung, um verschiedene Fragestellungen zu untersuchen: Welche Abfallfraktionen lassen sich in welche Art Grundstoffe überführen? Wie müssen die Prozesse gefahren werden, um Korrosion oder Anbackungen zu vermeiden oder eine bestimmte Reinheit der Produkte zu erreichen? Bezüglich der Wirtschaftlichkeit lassen sich für Industriepartner verschiedene Technologien anpassen, bewerten und in kundespezifische Lösungen für die Schließung von Kohlenstoffkreisläufen übertragen. Zukünftig muss regenerativ erzeugter Strom die Basis aller Stoffwandlung bilden, der z. B. für die Herstellung grünen Wasserstoffs einbezogen wird. Werden zudem die benannten Recyclingprozesse mit elektrochemischen Konversionsprozessen wie der Hochtemperatur-Elektrolyse oder Syntheseprozessen wie der Fischer-Tropsch-Synthese kombiniert, können einerseits höherwertige Produkte wie synthetisches Kerosin hergestellt und zudem hohe Wirkungsgrade erzielt werden. Erst die Kopplung von Stoff-, Energie- und Wärmeströmen in Summe führt zu Verfahrenskonzepten, die einen deutlichen Mehrwert gegenüber bisherigen Ansätzen bieten, um neue Rohstoff- und Energieressourcen für eine grüne Industrie bereitzustellen.

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Effiziente Recycling- und Resyntheseprozesse für Batterie-Aktivmaterialien

Effiziente Recyclingverfahren für Lithium-Ionen-Batterien

Um die benötigten Rohstoffmengen für den wachsenden Batteriebedarf der E-Mobilität im Sinne der Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft bereitzustellen, sind umweltfreundliche und effiziente Aufarbeitungs- und Recyclingverfahren für End-of-Life-Batterien zwingend erforderlich.

Das Fraunhofer IKTS entwickelt daher Konzepte und Technologien für das Batterierecycling, mit denen Material- und Stoffkreisläufe geschlossen und zurückgewonnenes Material wiederverwendet werden kann. Gemeinsam mit der TU Bergakademie Freiberg (TUBAF) wird im Rahmen des Projekts »EarLiMet« das alternative COOL-Verfahren zur selektiven Lithium-Rückgewinnung aus Schwarzmasse genutzt, womit 95 % des Lithiums nach der CO2-Auslaugung zurückgewonnen werden kann. In dem Prozess entsteht Li2CO3, das als Hauptprodukt in Batteriequalität rückgeführt wird. Wertvolle Rohstoffe, wie Cobalt, Nickel, Mangan und Kupfer verbleiben in der Lithium-freien Schwarzmasse.

Weitere Entwicklungsaufgaben zielen auf die Rückgewinnung dieser wertvollen und kritischen Metalle aus dem Kathodenaktivmaterial (BMBF-Projekt »EVanBatter«). Dafür werden für Kathodenaktivmaterial tolerierbare Verunreinigungsgrenzen mit Aluminium und Eisen ermittelt, um gezielt Reinigungsschritte innerhalb des Recyclingprozesses zu reduzieren und so nicht nur zur Verringerung der chemischen Belastung, sondern auch zur Prozesseffizienz beizutragen. Darüber hinaus plant das IKTS einen weiteren Infrastrukturaufbau am Fraunhofer THM, um die Batterieherstellung weiter zu digitalisieren und Recyclingprozesse stärker zu automatisieren.

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Restaurierte Elefantenkopf-Vase mit angesetztem »Ersatz-Rüssel«, hergestellt im keramischen 3D-Druckverfahren

Kunstgegenstände mit 3D-gedrucktem Porzellan restaurieren

Mit neuen Methoden für die additive Fertigung von filigranen Porzellanersatzteilen können künftig Museen beschädigte Porzellanunikate detailgetreuer und langlebiger als bisher restaurieren. Aktuell müssen Restauratoren die benötigten Kleinteile entweder händisch aus Porzellan formen oder auf nicht dauerhaft beständige Kunststoffe ausweichen, wenn sie 3D-Drucker einsetzen wollten. Dem Fraunhofer IKTS ist es gelungen, höherwertige oder sogar originalgetreue Materialien wie Porzellan zu verdrucken. Konkret wurde im Auftrag der Dresdner Porzellansammlung eine beschädigte Prunkvase für das Turmzimmer im Residenzschloss Dresden repariert.

Im Rahmen des Projekts »RestaurAM« entwickelten und erprobten Mitarbeitende des Fraunhofer IKTS, der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, der KI Keramik-Institut GmbH, von COX3D® sowie der Staatlichen Porzellan-Manufaktur MEISSEN GmbH dafür mehrere Verfahren, um möglichst originalgetreue und passgenaue Porzellanteile als Ersatz für fehlende Vasenfragmente additiv herzustellen.

Mit dem additiven Fertigungsverfahren »Vat Photopolymerisation« konnte ein etwa zehn Zentimeter langer abgebrochener Rüssel einer mit Elefantenköpfen verzierten Vase rekonstruiert werden. Der neue Porzellanrüssel entstand im 3D-Drucker aus Tausend einzelnen Schichten einer eigens entwickelten Suspension aus lichthärtbaren Kunststoffmolekülen und Porzellanpulver. Jede dieser Schichten wurde nur rund 25 Mikrometer dünn gedruckt und dann mit UV-Licht ausgehärtet. Zusätzliche innere und äußere Stützgerüste, die gleichzeitig mitgedruckt wurden, verhinderten, dass sich der Rüssel und die nachgebildete Bruchstelle während der Aufbau- und Brennprozesse deformierten. Somit konnte der »Ersatz-Rüssel« erfolgreich an die Vase angesetzt werden. Die Vasenfragmente müssen für den 3D-Druck zuvor gescannt werden. Museen könnten die dabei entstehenden 3D-Daten zudem in Zukunft mit ähnlichen, aber an anderen Stellen beschädigten Exponaten abgleichen. Dadurch ließe sich ein »unbeschädigter« digitaler Zwilling vom Original generieren.

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Gesinterter Multilayer-Blank und aus einem Multicolor-Blank gefräste Krone

Mulitlayer-Blanks für dentale Restaurationen

Ein zunehmendes Ästhetik-Bewusstsein der Patienten bei dentalen Restaurationen erfordert neue Entwicklungen auf dem Gebiet der kosteneffizienten Farbanpassungen von Dentalkeramik. Zirkonoxid findet seit mehr als zwei Jahrzehnten immer stärkere Verbreitung auf dem Dental-Markt, da diese Keramik viele Vorteile aufweist: Sie ist biokompatibel, reduziert Plaque-Anlagerungen und ist nur gering wärmeleitfähig. IKTS-Forschende konnten mit einem Industriepartner Multilayer-Blanks für dentale Restaurationen mittels Druckschlickerguss herstellen. Dabei wurde bereits im Formgebungsprozess der Farb- und Transluzenzverlauf des natürlichen Zahns abgebildet. Bisher war dafür eine aufwändige nachgelagerte Verblendung der Restaurationen mit Glas oder Glaskeramik nötig. Bei dem neu entwickelten Verfahren kommen Dotierungen des Zirkonoxids zum Einsatz, um Transluzenz und Farbeindruck leicht zu verändern. Die gezielte Vermischung der unterschiedlich dotierten keramischen Schlicker ermöglicht einen kontinuierlichen Farbverlauf ohne Schichtbildung. So sind auch mehrfarbige Blanks mit einer Höhe von 20 mm herstellbar. Neben der guten Ästhetik können die mehrfarbigen Blanks auch mit sehr guten mechanischen Eigenschaften (biaxiale Festigkeit 1050 MPa) überzeugen. Abschließende Bearbeitungsversuche mit einer Dental-Fräsmaschine beweisen die gute Eignung der Blanks zur Herstellung von Multicolor-Restaurationen. Für Anwendungen in der Medizintechnik bietet das Fraunhofer IKTS die kundenspezifische Entwicklung von oxidkeramischen Komponenten und Technologien sowie die kundenspezifische Fertigung von Halbfabrikaten an. Hierfür sind wir nach DIN EN ISO 13485 zertifiziert.

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Prototypische Textilweste mit Sensoren

Hightech-Weste überwacht die Lungenfunktionen

In Deutschland werden pro Jahr etwa 385 000 Patienten mit Atemproblemen bzw. Lungenerkrankungen stationär behandelt – mehr als 60 % müssen länger als 24 Stunden beatmet werden. Die auf Intensivstationen bettseitig angewendeten Methoden zur Lungenüberwachung liefern nur globale Informationen. Um die korrekten Beatmungsparameter auszuwählen, benötigen Mediziner jedoch kontinuierliche Informationen über die regionale Verteilung der Ventilation. Diese differenzierte Lungenventilation ist bisher jedoch nur über bildgebende Verfahren, wie Thorax-CT, als Momentaufnahme darstellbar. Forschende des Fraunhofer IKTS haben im Projekt »Pneumo.Vest« eine Technologie entwickelt, bei der Akustiksensoren in einer Textilweste die Lungengeräusche erfassen. Mit Hilfe dieser Sensoren kann die Belüftungssituation der Lunge – zunächst an 20 Auskultationspunkten am Rücken – beurteilt werden. In Kombination mit einer »Breath-by-Breath«-Analyse über zeitgleich aufgenommene akustische Daten wird eine kontinuierliche Überwachung und Echtzeitbeurteilung möglich. Diese kann unter therapeutischen Interventionen wie einer Beatmungstherapie oder für die Zustandsbeurteilung in der Notaufnahme eingesetzt werden. Auf diese Weise können Patientinnen und Patienten auch außerhalb von Intensivstationen fortlaufend überwacht werden, was zudem die Lebensqualität der Betroffenen verbessert. »Medizinische Kleidung«, sog. Clinical Grade Wearables (CGW), ermöglicht in Kombination mit Kommunikationslösungen die kontinuierliche Datenerfassung und -analyse. Diese ortsunabhängige Patientenüberwachung kann in Zukunft auf Normalstationen, Einrichtungen zur Lang- und Kurzzeitpflege, in der ambulanten Behandlung sowie in der häuslichen Umgebung flexibel zum Einsatz kommen. Somit unterstützt dieses System die Transformation der Medizin hin zur »4P-Medizin« (Preventative, Participative, Personalized, Predictive) mit dezentraler Gesundheitskontrolle.

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Versuchscontainer im Gemeinschaftsklärwerk Bitterfeld-Wolfen. Hier werden neue Wassertechnologien praxisnah erprobt, um Energie und wertvolle Rohstoffe aus chemischen Prozesswässern zurückzugewinnen

Testfeld für das Wertstoffrecycling aus Industriewässern

Die Industrie hat unter allen Wirtschaftssektoren Deutschlands den größten Wasserbedarf. Umso bedeutsamer ist es für sie, über effiziente Technologien zur Reinigung und Kreislaufführung des Wassers zu verfügen. Diese sollen idealerweise auch die Rückgewinnung von Energie und wertvollen Rohstoffen für den erneuten Einsatz in der Produktion ermöglichen. Forschende des Fraunhofer IKTS haben dafür nun eine anwendungsnahe experimentelle Forschungs- und Technologieplattform entwickelt, die all diese Fragen praxisnah adressiert. Sie steht direkt auf dem Gelände eines Großklärwerks (GKW), welches das Abwasser eines der größten europäischen Chemieparks in Bitterfeld-Wolfen reinigt. Die Plattform umfasst mehrere Versuchscontainer sowie modular miteinander verbundene, flexibel nutzbare Versuchsanlagen für die Entwicklung, Erprobung und Überführung neuer Technologien zur Entsalzung von Wasser, zur Rückgewinnung von Prozesschemikalien und Rohstoffen sowie von Wasser aus komplexen Industrieabwässern. Zu den im Pilotmaßstab errichteten Versuchsanlagen zählen Filtrationsanlagen ausgerüstet mit keramischen Membranen, mono- und bipolaren Elektrodialysesystemen für die elektrochemische Stofftrennung bzw. -gewinnung sowie Elektrolyseanlagen zur elektrochemischen Totaloxidation von besonders schwer abbaubaren Wasserinhaltsstoffen, zur Sulfattrennung sowie zur Wasserstoff-Erzeugung nach dem RODOSAN®-Verfahren. Besonderes Augenmerk liegt auf der technischen Nachbildung von Prozessen, die großtechnisch auf dem GKW etabliert sind, wie beispielsweise Expanded-Granular-Sludge-Bed-Reaktoren zur anaeroben Abwasserbehandlung. Damit wird es möglich, die Auswirkungen von neuartigen Behandlungskonzepten direkt auf den Betrieb des GKW zu untersuchen und wichtige Ableitungen für eine großtechnische Übertragung der Technologien in die Praxis zu ziehen. Mit der Technologieplattform können nun Prozessoptimierungen und -entwicklungen direkt transferiert und passgerechte technische Lösungen angeboten werden.

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Keramisches Stacksystem zur simultanen Filtration und photokatalytischen Oxidation von Abwässern

Keramische Stacksysteme zur simultanen Filtration und photokatalytischen Oxidation

Persistente organische Schadstoffe, wie z. B. Veterinär- und Humanpharmaka, Pflanzen-schutzmittel und Industriechemikalien reichern sich in der aquatischen Umwelt an. Ein voll-ständiger und rückstandsfreier Abbau ist mit den herkömmlichen Verfahren der Wasserauf-bereitung kaum möglich, so dass eine neue Generation hochflexibler, variabel einsetzbarer sowie energie- und materialeffizienter Technologien und Verfahren zur Problemlösung erforderlich ist. Die Voraussetzung hierfür sind leistungsfähige Materialien und Materialverbunde. Vor diesem Hintergrund hat das Fraunhofer IKTS gemeinsam mit sächsischen Kooperationspartnern im Verbundprojekt »MemPhOx« funktionshybride, zu Stacks kom-binierbare Filtrations-Photokatalyse-Materialverbundsysteme entwickelt. Dabei werden keramische Mikrofiltrationsmembranen, zelluläre keramische, photokatalytisch beschichtete Strukturen sowie energieeffiziente und langlebige UV-LED zur Anregung der katalytischer Reaktion zu Stacks zusammengeführt und in kontinuierlich betriebene Aufbereitungsanlagen integriert. Die kompakten Systeme arbeiten vollständig chemikalienfrei, sind selbstreinigend und ermöglichen eine Abtrennung von partikulär gebundenen Schadstoffen bei gleichzeitiger Sterilfiltration. Durch Oxidation in der Photokatalysezone werden organische Spurenstoffe vollständig abgebaut. UV-LED ermöglichen gegenüber konventionellen UV-Strahlern eine zielgerichtete Bestrahlung im definierten Zielwellenbereich, wodurch der Abbaueffekt auf den jeweiligen Anwendungsfall maßgeschneidert werden kann. Durch Integration der LED auf thermisch hochleitfähigen und langzeitstabilen Keramikplatinen konnte ein skalierbares Stacksystem entwickelt werden, welches für Tauchanwendungen hermetisierbar ist. Das Modulsystem kann sowohl am »point-of-use« als letzter Behandlungsschritt vor dem Verbrauch oder am »point-of-emission« zur Behandlung von organisch belasteten kommunalen und industriellen Abwässern eingesetzt werden.